Sonntag, 12. Oktober 2008

Den Holocoust überlebt

Wir wissen noch nicht wie es meine Großmutter schaffte meinen Vater und ihren Mann unter deren unehelichen Geburtsnamen weitestgehend vor dem NS-Regime zu schützen. Gewiss ist, dass jemand im Amt dafür sorgte, dass die Dokumentation (Meldeakten) über die Familie nur noch bruchstückhaft vorhanden war. Gefährlich wurde es für mein Vater als der Betrug an der mannheimer Privat Schule - in der er immer als der typische germanische Junge, blond und blauäugig, vorgezeigt wurde- bekannt wurde. Mit Schimpf und Schande flog er von der Schule, die später behauptete er hätte diese auf eigenen Wunsch verlassen.
Mein Vater wollte im Rentenalter ein Buch über seine Geschichte schreiben. Wie seine Biographie aufzeigt kam es nicht mehr dazu. Seine Versuche etwas davon weiterzugeben/erzählen mündeten in Sprachlosigkeit, große Augen in denen man nur Angst lesen konnte und es stockte einem der Atem, wenn eine unserer Fragen ihn in diese Situation brachte.

Samstag, 28. Juli 2007

3. April1992

Mordechaj Gebirtig

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19. März 1992

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19. März 1992

--------------------------Hirnorganisches Psychosyndrom------------

Es ist nach Mitternacht,
er befindet sich im Krankenzimmer in welchem gerade sein Zimmernachbar gestorben ist.
Überall Blut.
Nachdem die Diagnose, nicht operaples kleinzelliges Bronchial Carcinmom’ gestellt war,
wartet er auf weitere Ergebnisse, auf die Entscheidung wie die Ärzte dieser Station nun vorgehen wollen,
welche Chemotherapie nach der allergischen Reaktion auf Cysplatin weiter gegeben wird.

Sein Blick fällt auf die Balkontür.
Er schaut auf einen Holzrahmen, hinter dessen Glas er einen schlank hochgewachsen
am Tage dunkelgrüne Blätter tragenden, jetzt grau bis schwarze Schatten werfenden Baum wahrnimmt.
Nun verschwimmt alles, statt des Glases erscheint im weißen Rahmen ein großes Bild,
ganz durchwebt von wunderschönen klaren Farben.
Um es genauer zu betrachten, geht er vorsichtig darauf zu, folgt dem von den Farben sich ausbreitenden Licht.

Klirrend fällt das bunte Gebilde in sich zusammen, währenddessen er spürt,
dass in ihm die Grundfeste seines Lebens ins Wanken gerät.
In die danach entstandene Stille der Dunkelheit ertönt aus unsagbarer Entfernung,
überall hörbar:



DU BIST NICHT MEHR!


Darauf folgt eine unerträgliche Ruhe.
Außer den Klinikparkpflanzen und Bäumen, die mit ihm Zeuge des Geschehens sind,
und als hätten sie einen Auftrag dazu,
alles in sich aufzunehmen, zu resorbieren,
unerkennbar für die Menschen, die später daran vorbeigehen werden,
scheint nur er diese Nachricht zu erhalten.

Der Baum steht jetzt vor ihm.
Orientierung suchend findet er sich,
-allein-,
hinter der Balkontür,
im Freien über der Brüstung lehnend,
kurz vorm Absturz in die Tiefe,
wieder.
um 4:30 ruft er all seine Kinder an, wir hören von seiner Vision. Er erzählt uns nicht, dass sein Nachbar in seinem Beisein verblutete und niemand auf die Klingel reagierte, dass er im Krankenzimmer voller Blut zurück blieb.
Seine Frau besteht darauf, ihn mit nach Hause zu nehmen -trotz der Diagnose hirnorganisches Psychosyndrom- Sie entgegnet den Ärzten, dass sie ihn nicht alleine und schon gar nicht im noch immer nicht gereinigten Todeszimmer zurücklassen will und packt seine Sachen.